Dienstag, 21. Oktober 2008

Die Chemie des Todes

Die tiefste metaphysische Gewissheit meines Vaters war, dass das Leben nach dem Tode sich einzig und allein in den Würmern abspiele, die einem im Grab in die Augen hinein und aus den Ohren wieder hinauskriechen. Das hat ihn so beschäftigt, dass er unbedingt verbrannt werden wollte.
Scheinbar auch Simon Beckett´s Thema. Im Buch habe ich es vermutet und im Nachwort bestätigt er selbst, dass ein Besuch auf der Bodyfarm des FBI in Tennessee den Anstoß für diesen Krimi gab.
Wer verwest wann wie, welche Viecher wandern wo rein und wo wieder raus. Schade nur, dass er kein Sachbuch draus gemacht hat, sondern sich für einen Thriller entschied. Abgesehen von besagten Schilderungen fand ich nämlich fast alles schlecht an diesem Buch.
Es gibt so viele Maden, dass wir mehrere Leichen brauchen. Also muss ein Serienmörder her. Unheimlich soll es sein, also ab in eine neblige englische Sumpflandschaft. Spezialkenntnisse sind gefragt, also muss die Hauptfigur Arzt sein. Besser, die Leichen sind verstümmelt, also interessiert ja bestimmt, wie es dazu kam. Drum wird man Zeuge, wie der Mörder drei Frauen im Verlies mit dem Messer traktiert und by the way psychisch quält. Spannender wird es, wenn man die Opfer kennt, also muss der Held eine nette Frau finden, die das letzte Opfer wird. Dann ist der Ich-Erzähler auch noch ein unglaublich lahmer Saubermann ohne wirkliche Tiefe und die rückblickende Ich-Erzählung nervt: "Damals wusste ich noch nicht, dass der nächste Tag total spannend werden würde." Das sind die Schwächen des Buches: fühlbar konstruiert, vorhersehbar bis hin zum Mörder, stilistisch flach und schwache Personen.
Die einzige Stärke reisst die Sache leider auch nicht mehr raus, nämlich die Beschreibung, wie die Gruppenstimmung der Bewohner in dem abgelegenen Dorf kippt, als ein Mord nach dem anderen geschieht. Hysterie, Lynchstimmung, Angriff, Rückzug, Verleumdung. Besonders die Gewinnler dieser Situation haben mir die Zornesader schwellen lassen. Stark!
.