
"Keiner schoss fixer als Jung Sibylle
das Kaul von Quappe mit der Zwille."
Ein Buch für Sprachfreunde, bei dem ich dem Übersetzer ein dickes Lob aussprechen muss, ohne das amerikanische Original gelesen zu haben. Aber eine Geschichte ins Deutsche zu übertragen, bei der sich alles um das Verbot von immer mehr Buchstaben im alltäglichen Sprachgebrauch dreht, ein Verbot, das sich eins zu eins im Text wiederspiegelt, ist zweifellos ein Kunststück.
Zum Inhalt: Auf Nollop, einer kleinen Insel vor South Carolina, steht das Denkmal des hochverehrten Sprachkünstlers Nevin Nollop, dem Autor des oben genannten Pangramms, das mit einzelnen Kacheln am Fuße des Denkmals verewigt ist. Der Zahn der Zeit nagt an ihm, zunächst fällt nur eine Kachel mit dem Buchstaben "Z". Der Hohe Inselrat interpretiert dies als jenseitigen Wunsch Nollops, das "Z" vollkommen aus dem Wortschatz zu entfernen, und so wird die Nutzung bei Strafe verboten. Ab dem Moment des Verbots wird das "Z" auch im Buch nicht mehr verwendet (logischerweise, da es sich bei dem Roman im Wesentlichen um einen Briefwechsel von Nolloper Bürgern handelt). Bedauerlicherweise folgen dem "Z" nach dem "Q", dem "J" und dem "D" immer weitere Buchstaben. Der Hohe Inselrat setzt die Letternverbote mit zunehmend totalitären Methoden um, die Bewohner behelfen sich zwar mit Konstruktionen wie "Wasserwesenveräußerer", werden aber in immer größerer Zahl an den Pranger gestellt oder des Landes verwiesen...
Mir hat das Buch eine Menge Spaß gemacht, vor allem im letzten Drittel, als es zunehmend schwieriger zu lesen wurde. Die Macht des Wortes wird auf amüsante, aber unzweifelhaft auch politisch nachdrückliche Weise dargestellt. Die Diktatur fängt klein an und wächst in atemberaubenden Tempo, ganz einfach, weil sie den Alltag absolut durchdringt: Sämtliche Literatur wird verbannt, nur einheimische Zeitungen, die sich an die Buchstabenverbote halten, sind erlaubt. Jedes gesprochene und geschriebene Wort muss genau überlegt sein und wird überwacht, Schulen müssen schließen, Sprachlosigkeit greift mehr und mehr um sich... Am Ende bleibt als Rettung vor dem vollkommenen Verstummen nur die Suche nach einem Pangramm, das die Absolutheit von Nollops Genie entkräften kann.
Trotz aller Absurdität der Szenerie stellt Mark Dunn hier mit bewundernswert sprachlicher Konsequenz eine Horrorvorstellung dar, die zum Nachdenken bringt und zum Mitgrübeln einlädt: Wie schafft man es, alle Buchstaben des Alphabets in einem Satz mit möglichst wenig Wiederholungen wiederzugeben?