
Und dann gibt es eine Geschichtsschreibung, die Zeittendenzen, tiefere Strukturen, wirtschaftliche, soziologische und politische Zusammenhänge analysiert. Ich bevorzuge letztere. Marc Leepson offensichtlich erstere.
So erfahren wir zum Beispiel, dass die Vermont-Boys (?) am nebligen Morgen des 26.Januar 1865 (?) eine Flagge mit einer leicht anderen Anordnung von Sternen in die Schlacht von Barton Oaks (?) führten, oder dass 1951 (?) der Collegestudent James Smith (?) eine Flagge mit 50 Sternen auf der Nähmaschine seiner alten Mutter nähte, obwohl zu der Zeit erst 48 vorgesehen war. Dafür wurde er später vom Präsidenten geehrt und durfte bei einer - na was - Flaggenparade auf dem Broadway (?) neben ihm stehen. Solch wichtiger Informationen sind viele. Die Fragezeichen deuten an, dass ich alle Details schon wieder vergessen habe. Wer jedoch solche Geschichtchen zwecks leichterUnterhaltung lesen mag, dem tut sich hier eine wahre Fundgrube auf.
Wir erfahren auch, dass die Flaggenbegeisterung in Kriegszeiten stets enormen Aufschwung nahm (na so was), dass vor allem konservative Kreise und Veteranenorganisationen einen quasi-religiösen Flaggenkult treiben und immer wieder großen Einfluss auf die Gesetzgebung erlangen. So muss z.B. die amerikanische Flagge in den USA immer höher hängen als andere Flaggen, obwohl das in Friedenszeiten international nicht nur verpönt, sondern per Uno-Statut anders geregelt ist. Das erinnert micht schon sehr an die verbotene erste Strophe der deutschen Nationalhymne.
Der Autor ist der Meinung, dass alle dieses Buch gelesen haben müssen, insbesondere auch die, die amerikanische Flaggen verbrennen. Wieso? Meint er wirklich, dass man davon Abstand nähme, wenn man deren Geschichte kennte? Wer die interventionistische, wirtschaftsimperialistische Außenpolitik der USA kennt, der weiß, dass die Angesprochenen viele gute Gründe für ihre empörten symbolischen Aktionen haben. Diese Gründe werden durch das hier vermittelte Wissen nicht abgemildert.
Schön finde ich auch die vielen Zitate, die uns mit patriotischer Rhetorik erquicken:
"From the mountains of Kentucky to the shores of California to the Sea of Tranquillity on the Moon, our pioneers carried our flag before them, a symbol of the indomitable spirit of a free people. And let us never forget that in honoring our flag, we honor the American men und women who have courageously for it over the last 200 years - patriot who set an ideal above any consideration of self and who suffered for it the greatest hardships. Our flag flies today because of their sacrifice."Dazu liese sich vieles sagen und ich wünschte mir die klare, ruhige, umfassende Darstellungsweise eines Richard Dawkins, der all das mal zerpflückt. Man mag zwar denken "Wozu das - ist doch nicht ernst zu nehmen. Bloßes Politikergeschwätz" - aber das denkt man ja auch über christliche Inhalte und doch gibt es darum heutzutage heiße Debatten, einfach weil es die USA sind, in denen dieses Gedankengut großen Einfluss hat und nicht Surinam.
Ronald Reagan